Ghana-Tagebuch Teil 12: Besuch auf Fredericksgave und mit dem Trotro durch die Nacht

Wir laufen etliche Kilometer, am Wegesrand steht eine Frau mit einem großen Kessel gekochter Maiskolben und mit Kokosnüssen. Wir bekommen Appetit und die Frau packt je einen Kolben und ein Stück Kokosnuss in eine Klarsichttüte, so wie bei uns die Frühstücksbeutelchen und verkauft uns die Tütchen. Wir gehen weiter und nachdem meine beiden Begleiter ihren Snack verzehrt haben, werfen sie die Tüten auf den Boden. Ich frage, warum sie das tun und das Plastik nicht mitnehmen und zuhause in den Müll werfen. Die beiden sind sichtlich verwirrt und wissen erst gar nicht, was ich ihnen sagen will. Dann meinte Bismark: „Das machen hier alle so.“ Ich frage nicht weiter und stecke mein Tütchen in die Hosentasche. Ich werde es heute Abend im Hotel wegwerfen. Aber was wird das Hotel damit machen, wenn ich es dort im Zimmer in den Abfalleimer werfe? Wo landet es dann? Gibt es sowas wie eine Müllabfuhr, die den Müll abholt oder eine Art Sammelstelle? Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 11: Der fast normale Wahnsinn

Nach dem Mittagessen, das sehr lecker gewesen ist, wollen wir aufbrechen, um Bismark zu besuchen, einen meiner Internetfreunde, der nicht weiß, dass ich nach Ghana gekommen bin.

Kofi geht hinaus auf die Straße, um ein Taxi anzuhalten. Ich will hinterher, aber die Mutter hält mich zurück und meint, ich solle noch warten. Hinter einer Mauer verborgen beobachte ich, wie Kofi mit dem Taxifahrer verhandelt. Irgendwann winkt er mich zu sich und wir steigen unter den überraschten Blicken des Fahrers in den Wagen. Kofi erzählt mir später, dass die Fahrer wesentlich mehr Geld verlangen, wenn Weiße mitfahren. Da der Preis aber generell vor Antritt der Fahrt ausgehandelt wird, kann der Fahrer nun nichts mehr einwenden. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 10: Plumps und Co.

Ich bin zu Besuch bei Kofi und seiner Familie, die in einer Baracke im Ghetto wohnt. So ist es ganz normal, dass es kein fließendes Wasser und auch kein Abwassersystem gibt. Trotzdem – mir drückt die Blase. Um zur Toilette zu gelangen muss ich von Kofis Zimmer hinaus ins Internet-Café und von dort durch die Küche. Die Küche beherbergt einen Gasherd, eine Gasflasche, ein paar Regale mit Töpfen und einer Wassertonne. Mit dem Wasser aus der Tonne wird gekocht und gewaschen. Kofis Schwester steht am Herd und kocht unser Mittagessen. Sie zeigt mir den Weg. An die Küche grenzen der Waschraum und die Toilette. Beide Kammern sind nur durch halbe Türen von der Küche getrennt, so dass man Füße und Kopf sehen kann, wenn besetzt ist. Der Waschraum ist ein Viereck aus Lehmwänden, nur zur Hälfte vom Dach bedeckt. In einer Ecke stehen zwei Wassereimer, daneben liegt ein Stück Seife. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 9: Das Ghetto-Café

Nach dem Verlassen der Geldwechselstube fahren wir mit dem Taxi zu Kofi nach Hause. Er wohnt mit seinen Eltern und seiner Schwester in einem Ghetto in Madina, einem Stadtteil Accras. Das Areal ist unübersichtlich, die Straßen verwinkelt und die Häuser schief und krumm. Das Elternhaus ist auf gestampftem Lehmboden errichtet und besteht aus Holz, Lehm, Ziegeln und Wellblech. Als wir eintreffen, sehe ich gleich neben der Haustür einen Bretterverschlag. Die Innenwände des kleinen Raums sind bis unter die Decke mit Regalen bestückt. Kofis Mutter sitzt dort und schaut uns durch eine Fensteröffnung entgegen. Hinter ihr, in den Regalen, stapeln sich Lebensmittel, abgepackt in Dosen oder in Tüten. Vor ihr auf dem Fenster-Tresen liegen Brot und Süßigkeiten, wie früher bei uns im Tante-Emma-Laden im Dorf. Dort standen auch die Lollis und Bonbons auf dem Verkaufstresen und direkt vor der Nase von uns Kindern. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 8: Der erste Morgen

Ich höre Geschrei und schrille weibliche Stimmen, die in Not zu sein scheinen! Was ist das, wo bin ich? Ich versuche meine Augen zu öffnen, aber diese sind geschwollen und ich kann kaum etwas erkennen. Ich liege auf einem Bett, das Zimmer um mich herum ist hell erleuchtet und der Lärm ganz nah. Ach ja….ich bin irgendwo in Afrika.
Mist, blöde Klimaanlage..
Natürlich ist die Klimaanlage schuld an meinen geschwollenen Augen, ich reagiere allergisch auf irgendetwas von dem, was dieses Gerät in die Luft pustet. Kofi liegt eingerollt und tief schlafend auf der Couch. Das Geschrei kommt aus dem Fernseher, auf dessen Bildschirm sich zwei Frauen fast an die Kehle gehen. Ich sehe auf meine Uhr. Es ist 3 Uhr nachts. Wie kann Kofi bei diesem Licht und dem Lärm bloß schlafen? Ich rolle mich aus dem Bett und mache alles aus: die Klimaanlage, den Fernseher und das Licht. Zurück im Bett döse ich noch ein paar Stunden bis zum Morgen. Weiterlesen

Ghana Tagebuch Teil 7: Das Monster im Wandschrank

Ich bin müde. Meine Augen sind trocken und die Kontaktlinsen, die ich trage, kleben mir die Augenlider zu. Ich will nur noch schlafen. Blinzelnd stolpere ich aus dem Taxi und folge Kofi in ein Gebäude, das eher einem Gästehaus als einem Hotel gleicht.

Ein junger Mann führt uns in das Zimmer, das ich für die nächsten zwei Wochen bewohnen soll. Kaum bin ich drin, möchte ich wieder raus. Hier ist es groß, muffig und feucht. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 6: Quer durch Accra

Es ist kurz vor Mitternacht, als das Taxi den Parkplatz vor dem Flughafen verlässt. Auf einer mehrspurigen, gut beleuchteten Straße geht es einige Kilometer zügig voran, bis wir in eine dunkle, unheimliche Gegend gelangen. Hier sind nur wenige Menschen unterwegs, die sich an den Barracken herumdrücken und die ich um die Ecken huschen sehe. Eine Ziege, die an der Straße steht, wird vom Taxifahrer weggehupt. Ich bin kein Mensch, der sich schnell fürchtet. Ich säße nicht in diesem Taxi, wenn es so wäre. Doch jetzt gruselt es mich gewaltig. Vor uns stehen drei Männer regungslos am Straßenrand. Zwei stehen links, einer rechts, kerzengerade stehend blicken sie über die Straße hinweg, ihre nackten Oberkörper glänzen feucht vom Nieselregen im Lichtschein eines offenen Feuers. Himmel, die sehen aus, als ob sie auf uns warten. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 5: Am Flughafen

Jetzt sitze ich im Taxi, das durch das nächtliche Accra kachelt und dessen Fahrer wie ein Wahnsinniger ständig auf die Hupe drückt. Oh je!

Im Flughafengebäude hatten sich die Probleme von selbst gelöst. Ich versuchte Kofi anzurufen, aber aus dem Handy tönte nur eine blecherne Stimme: „The person you’ve called is temporarily not available.“ Ich sah mir mein Umfeld genauer an. Ich war der Meinung, mich in der Nähe der Ausgangstür zu befinden. Bei genauerem Hinsehen wurde mir aber klar, dass dies gar keine Tür, sondern nur ein großes Fenster war, das fast bis zum Boden reichte. Die nachfolgenden Passagiere hasteten an mir vorüber, bogen zielstrebig vor dem Fenster rechts ab und verschwanden hinter der nächsten Ecke. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 4: Ankunft in Accra

Ich habe ein Problem und keine Ahnung, was ich tun soll. Ein panikartiges Gefühl kriecht mir den Nacken hoch. Ich atme tief durch. Nur nicht den Kopf verlieren, sondern in Ruhe nachdenken. Ich darf mir jetzt nichts anmerken lassen, immer lächeln. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es bereits 22:30 Uhr ist.

Die Landung war unkompliziert. Pünktlich um 20:20 Uhr setzte das Flugzeug auf. Nach der Landung hatte ich das Gefühl, als ob mir die Realität entgleiten würde. Alles fing an, merkwürdig zu werden. Das Flugzeug fuhr und fuhr und fuhr herum. Draußen war es dunkel und die Fenster beschlagen, so sah ich nur hin und wieder schwachen Lichtschein außerhalb des Flugzeugs, konnte aber nicht erkennen, wohin wir fuhren. Nach 15 Minuten Fahrt wurde ich unruhig. Nach 20 Minuten war ich überzeugt, dass der Pilot sich verirrt hatte. Weiterlesen

Ghana-Tagebuch Teil 3: Flug London – Accra

Seit 6,5 Stunden sitze ich im Flugzeug und es ist sterbenslangweilig. Hin und wieder bin ich aufgestanden, um mir die Beine zu vertreten und um mich umzusehen. Es sind nur wenige Weiße an Bord und zum ersten Mal erlebe ich den Umstand, mit meiner Hautfarbe aus der Rolle zu fallen. Die meisten Passagiere sehen nicht besonders glücklich aus. Ich kann es ihnen nicht verdenken, denn der Flug ist anstrengend. Alle machen einen grimmigen oder gelangweilten Eindruck und einige der Herren haben sogar während des Fluges eine Sonnenbrille auf der Nase, was ihnen ein perfekt mafiöses Erscheinungsbild gibt. Weiterlesen